Enderal:Der Pfad, Buch 9: Das Fundament

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Der Pfad, Buch 9: Das Fundament

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Literatur Der Pfad, Buch 9: Das Fundament
Daten
Gewicht Gewicht
1
Wert Wert
25
Autor
Unbekannt
Bemerkungen


Fundorte


Inhalt

Vers LXV

Die Vasallen waren überwältigt vom Reichtum und der Weite des Landes, und es fiel ihnen schwer, einen Ort zu bestimmen, an dem ihre Hauptstadt errichtet werden sollte. Wo konnten sie ihre Nahrung anbauen, ihre Kinder aufziehen und eine Gemeinschaft gründen, die wegestreu in eine glückliche Zukunft unter dem Schutz Malphas' schreiten konnte? Da rief Selna zu dem Lichtgeborenen: "Malphas, bitte weise uns einen Ort. Wo sollen wir einen Tempel zu deinen Ehren errichten und eine Stadt um ihn aufbauen?"

Vers LXVI

Und Malphas antwortete: "Seht ihr die Felsenklippe, die inmitten des Herzlandes über das Land ragt? Auf ihr soll mein Tempel stehen. Türmt Stein auf Stein, und ihr werdet ein Gebäude errichten, das Euch auf alle Zeiten Schutz und Erleuchtung gewähren wird." Die Vasallen erschraken, denn sie waren doch nur wenige, hatten kaum Werkzeug, und die Klippe war hoch und steil. Doch Selna ermutigte sie, und so begannen sie gemeinsam, die ersten Steine zu hauen und auf die Spitze der Klippe zu tragen.

Vers LXVII

Nur die ersten Armweit einer Mauer hatten die Vasallen errichtet am ersten Abend, und sie waren erschöpft und müde. Still erduldeten sie die Aufgabe, die ihnen gestellt wurde, aber bei manchen machten sich dunkle Zweifel breit, ob sie zu bewältigen sei. Selna ahnte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: "Schlafen wir nun, erholen wir uns, und vertrauen wir Malphas, so wie er es uns zutraut, diese Tat zu vollbringen."

Vers LXVIII

Als sie am nächsten Morgen erwachten, erblickten sie eine geschlossene, fast schulterhohe Mauer, die das gesamte Plateau auf der Klippe umschloss und den Umriss eines herrlichen Gebäudes beschrieb. Euphorisch machten sie sich wieder ans Werk, wohl wissend, dass sie die göttliche Unterstützung für den Bau dieses wunderbaren Tempels nur verdienten, wenn sie den Tag über all ihre Kräfte aufbrachten. Und so ward der Grundstein gelegt für die neue Stadt, und der vierte Monat des Jahres wurde "das Fundament" genannt.

Vers LXIX

So wuchs durch den unermüdlichen Fleiß der Menschen und die unbegreifliche Hilfe der göttlichen Hand der Sonnentempel. Doch als die übrigen Vasallen ins Herzland kamen und die Klippe mit dem riesigen Bauwerk erblickten, stieg Angst in ihnen auf. "Hier sollen wir eine Stadt errichten? Im Schatten dieser Klippe? Seht doch, der gewaltige Tempel lässt schon jetzt, da er noch unfertig ist, den Felsen unter sich schwanken!" Und viele von jenen, die bis dahin unbeirrt immer höhere Mauern errichtet hatten, hielten inne, blickten mit der gleichen Furcht auf das Werk, und deuteten auf die feinen Risse, welche sich im Gestein der Klippe gebildet hatten.

Vers LXX

Und Selna musste schweren Herzens zusehen, wie immer mehr Vasallen sich in das Umland zurückzogen, um dort, in vermeintlich sicherem Abstand zu dem imposanten, aber gefürchteten Bauwerk, kleine Höfe aufzubauen. "Schenkt Malphas euer Vertrauen", rief sie immer wieder. "Er ist es, der uns stets beschützt und den rechten Pfad weist." Doch die Zweifler wollten nicht hören. Sie versicherten ihre Treue zu Malphas und versorgten jene, die weiterhin am Tempel bauten, mit einem großen Teil der wenigen Nahrung, die sie auf ihrem Land anbauen konnten, aber dennoch zogen sie sich nach jedem Besuch wieder vom Klippenfelsen zurück.

Vers LXXI

So kam es, dass nur noch ein kleiner Teil der Vasallen übrig blieb, um den Sonnentempel fertigzustellen. Ungerührt von dem tatsächlich immer stärker unter dem Gewicht des Tempels ächzenden Felsen führten sie unermüdlich ihre schweißtreibende Arbeit fort. Doch als sie am Morgen nach der Fertigstellung des Rohbaus erwachten, gingen ihnen die Augen über: Aus dem unförmigen, brüchigen Felsen der Klippe war eine riesige, steinerne Malphasfigur geworden, die auf ihren mächtigen Schultern die Last des Sonnentempels trug. Herrlich war dieses göttliche Kunstwerk anzuschauen, und in Scham und Ehrfurcht scharten sich auch die Zweifler aus dem Umland um die Klippe, um das Wunder zu betrachten.

Vers LXXII

Da ertönte donnernd die Stimme des Lichtgeborenen. Malphas selbst sprach aus der mächtigen Felsfigur: "Höret, Vasallen. Ihr alle seid meinen Pfad gegangen, habt dieses Land erschlossen und bebaut. Ihr alle seid und bleibt die Wegestreuen. Doch nur jene, die ohne Zweifel und Furcht meinen Worten vertrauten und diesen Tempel errichteten, sind es würdig, in seinem Glanz zu leben und mir am nächsten zu sein. Ihr seid die Tapferen, die Furchtlosen, die Erhabenen. Ihr sollt von nun an den Titel "Dal" vor euren Namen tragen, so wie auch eure Nachfahren, um auf ewig an eure unerschrockene, gewaltige Tat zu erinnern.

Vers LXXIII

Beschämt machten sich die meisten der Zweifler daran, auch in die Nähe des Tempels zu ziehen, wohl wissend, dass die höchsten, prächtigsten Teile der zukünftigen Stadt den Erhabenen vorbehalten waren. Karg und trocken war das Land in der Nähe der großen Klippe, doch in ihrem festen Willen, nun nicht mehr an Malphas zu zweifeln, richteten sie sich darauf ein, dem Land mit um so mehr Mühe seine Früchte abzuringen.

Vers LXXIV

Doch als die neuen Höfe auf der trockenen Erde um die Stadt erbaut waren, tönte eines Abends ein Grollen aus der Höhe über ihnen. Inmitten des Tempelhofs zerbarst der Fels, und eine Quelle entließ klares, herrliches Wasser, das sich in Kanälen verteilte, deren Sinn sich selbst den Erbauern bis dahin nicht erschlossen hatte. Unaufhaltsam floss das Wasser an die Ränder des Tempels und von dort die Klippe hinab, verteilte sich im Land und machte es fruchtbarer als alle anderen Gegenden Enderals. Larxes wurde der Fluss von den Vasallen genannt, der Lebensspender, und als er seine Bahnen durch die noch junge Stadt und das Umland zog, brachen die Wolken auf und legten einen golden schimmernden Vollmond frei, dessen Licht sich in der Oberfläche des göttlichen Flusses spiegelte. Seit diesem Tag wird der fünfte Monat des Jahres "Goldener Mond" genannt.