Enderal:Nacht

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Nacht

Bücher Nacht
Daten
Gewicht Gewicht
1
Wert Wert
5
Autor
Unbekannt
Bemerkungen
Ob dieses Buch fiktiv ist oder eine reale Begebenheit beschreibt, ist nicht bekannt.

Nacht ist ein Buch in Enderal – Die Trümmer der Ordnung. Es beschreibt eine beängstigende Erfahrung eines Bauernjungen mit, so wird vermutet, einem Vatyren.

Inhaltsverzeichnis


Fundorte


Inhalt

Die Nacht umschlang den Gutshof intensiver als sonst. Dichte Wolken schoben sich vor den Nachthimmel, der sonst immer einen sanften, blau-blassen Schimmer über das Land legte. Die Felder der Bauernküste, deren frisches Grün in dieser Finsternis nicht einmal erahnt werden konnte, umringten den Hof, der etwas abseits an einem flachen Hügel gelegen war, auf dem weiter oben einige Bäume wuchsen.

Im Dachzimmer des Wohnhauses lag ein Junge wach. Eine fürchterliche Unruhe war ihm ins Mark gekrochen. Vielleicht war es auch die schwer drückende Dunkelheit, die ihn am Schlaf hinderte. Doch fasste er den Mut, aufzustehen und nach draußen zu schleichen, um dort vielleicht dieses bedrückende Gefühl abzuwerfen, das ihm nun schon länger über den Schultern hing. Um die Dunkelheit wenigstens ein Stück weit zu vertreiben und den Boden vor seinen Füßen zu erleuchten, nahm er eine Laterne mit.

Es war ihm wohlbekannt, welche Stufen der alten Holztreppen knarrten, sodass er sie bei seinen vorsichtigen Schritten vermeiden konnte und gänzlich unbemerkt nach unten bis zur Küche schlich. Durch das Fenster konnte er auf den Weg blicken, welcher die Felder begrenzte, und sah einen Karren ganz unbeleuchtet den Pfad Richtung Ark entlang kriechen. Schnell wandte er den Blick ab und entschwand durch die hintere Tür nach draußen. Mit dem frisch entzündeten Kerzenschein in der Hand ging er durch den Kräutergarten hinter dem Haus, schritt am Brunnen vorbei, doch als er am großen Stall vorbeikam, bemerkte er, dass auch viele der Tiere unruhig waren, schliefen sie doch sonst so fest. Er erklomm die Leiter hinauf zum Dachboden, der als Lager für das Heu der direkt darunter ruhenden Tiere diente. Die Laterne stellte er auf eine Werkzeugbank, dann ging er hinüber zum Heu und bettete sich darauf, wie er es auch sonst in den warmen Sommernächten häufig tat. Er lauschte den Tieren, dem Rascheln und Schnauben, und auch sie hörten ihn; das Tapsen der Kinderfüße auf den Holzdielen war ihnen wohl vertraut. Sodann tat er doch ein Auge zu, und bald darauf auch das zweite ...

Ein lautes Quieken riss den Jungen wach. Oder schien es ihm nur so laut, da die Stille seine Ohren schärfte? Doch ehe er sagen konnte, welches der Schweine ihn weckte, kehrte wieder Ruhe ein. Dann sah er, dass durch die Dachluke ein wenig Licht herein schien. Vorsichtig richtete er sich auf, ging ein paar Schritte nach vorn und blickte durch den hölzernen Rahmen einem Wolkenloch entgegen, das vom altvertrauten Sternenlicht gefüllt wurde. Da packte es ihn plötzlich von hinten, wie Krallen bohrte sich etwas in seine Schultern. Er wollte schreien, doch sein Mund blieb stumm. Seine Augen fielen zu, seine Arme waren schlaff, die Knie weich. Er wurde nach vorn gedrückt, nach hinten gerissen, zur Seite gestoßen, doch nicht umgeworfen. Dann löste sich der Griff auf einmal, der Junge stolperte nach hinten, und ehe er sich abstützen konnte, krachte seine rechte Schulter gegen die Werkzeugbank, und die Laterne wurde zu Boden geworfen, wo ihre Scheiben zersprangen und die noch brennende Kerze herausfiel.

Augenblicklich hatte sich etwas Stroh entzündet, und als wäre es ein angeborener Reflex stürzte er sich mit einem Sprung nach vorn auf die Flammen. Er spürte, wie sein Hemd von den rauen Holzdielen aufgerissen wurde und sich die Glasscherben und die brennenden Halme in seine Haut drückten, doch erfüllte ihn die Gewissheit, einen Brand und den Tod aller Tiere verhindert zu haben, mit wohliger Erleichterung. Es musste Malphas’ Gunst gewesen sein, die ihn zu dieser Tat bewegte. Langsam drehte sich der Junge um und blickte nach oben. Für einen Augenblick sah er dort im Dachfenster eine hässliche, gehörnte Fratze, aus der ihn waagerechte Pupillen anstarrten. Eine Eiseskälte durchfuhr ihn, bevor der Kopf verschwand und er mit der Dunkelheit alleine zurückblieb.

Doch wenn Malphas ihn auch gerettet haben mag, was machte dieses … Wesen hier? Warum griff es ihn an, warum ließ es von ihm? Würde es wiederkehren, war es eine Prüfung, ein Streich, ein Fluch, ein Zauber? Ein Strudel aus Fragen hielt ihn in jenem Zustand zwischen Bewusstsein und Traum gefangen, und erst als der Hahn zum Morgen krähte, rissen ihn die schmerzenden Wunden allmählich zurück in die Wirklichkeit.