Enderal:Die kleine Maus Mitata

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Die kleine Maus Mitata

Bücher Die kleine Maus Mitata
Daten
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1
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24
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Die kleine Maus Mitata ist ein Buch in Enderal – Die Trümmer der Ordnung.


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Inhalt

Die kleine Maus Mitata

Vor langer Zeit lebte in der Unterstadt die kleine Maus Mitata. Sie wurde dort geboren und lebte tagein, tagaus im Elend der stinkenden, feuchten Kavernen. Eines Nachts, als sie nur unruhig schlief, hatte sie jedoch einen sonderbaren Traum: Helles Licht, frische Luft und Wärme umgaben sie. Sie sah prachtvolle Häuser unter einem blauen Himmel und dachte: das muss die Oberfläche sein, die Oberstadt. Dort gibt es kein Elend, keine Kranken auf den Straßen und genug zu essen. Doch wie komme ich dorthin? Doch auch das zeigte ihr der Traum: Sie musste nur dem großen Weg durch die Höhle folgen, immer weiter nach oben, und die abschätzigen Blicke der anderen nicht beachten. Hinter einem schäbigen Holztor schließlich würde sie die Oberfläche erreichen.

So dachte die kleine Maus Mitata nach dem Erwachen noch eine Weile nach, und beschloss schließlich, dem Traum zu folgen. Warum sollte sie ein ärmliches, von Krankheit und Verbrechen bedrohtes Leben hier unten führen, wenn sie zur Oberfläche gehen kann? Am nächsten Tag traf sie dann die letzten Vorbereitungen, aß all ihre Vorräte auf um sich zu stärken, und verließ dann ihre kleine, verschmutzte Mausehöhle. Einen großen Teil des Weges kannte sie gut, und sie wusste, wo die bösen Ratten lauerten. Sie schlich über Bretter und Steine, Erde und Seile in die Richtung, die ihr der Traum gezeigt hatte. Als sie dann irgendwann nicht mehr weiter wusste, fragte sie einen älteren Mäuserich, der in einem umgestürzten Fass saß und an einem alten Stück Käse nagte: "Entschuldigung, aber wisst Ihr vielleicht, in welcher Richtung es zum Tor zur Oberfläche geht? Welchen Abzweig muss ich nehmen?" Der Mäuserich drehte sich um, blickte grimmig und sagte: "Was willst du denn dort, kleine Maus? Die Oberfläche ist gefährlich und trügerisch, man wird dich sowieso verjagen und wieder hier in die Unterstadt werfen. Aber wer bin ich schon, dir deine Träume auszureden ... wenn du unbedingt dorthin willst, dann folge den Laternen auf der rechten Seite und lass dich nicht von den herumlungernden Ratten fressen. Das wäre wirklich eine Schande."

Verwundert und nicht ohne Zweifel bedankte sich Mitata und lief weiter den beschriebenen Weg entlang. Sie kam an der einen oder anderen Ratte vorbei, konnte sich jedoch unbemerkt vorbeischleichen. Schließlich sah sie in der Ferne das Tor zur Oberfläche! Ganz begeistert lief sie darauf zu, und die Bilder aus dem Traum zogen vor ihrem inneren Auge vorbei. Doch dann traten aus dem Schatten zu ihrer Linken einige bewaffnete Ratten hervor und versperrten den Weg. "Na, wo willst du denn hin, kleine Maus? Doch nicht etwa zur Oberfläche?" Die Ratten lachten. Schüchtern und in leisem Ton antwortete Mitata: "Doch, dahin möchte ich ... ich habe von der Oberfläche geträumt, von der schönen Stadt, da will ich hin." Erneut lachten die Ratten, sahen sie aber gleich wieder grimmig an. Nach einer Weile meinte die dickste der Ratten: "Ach was solls, bei diesem schmächtigen, ärmlichen Mäuschen ist doch nichts zu holen. Lassen wir sie doch zu den fein duftenden Leuten gehen, wenn das ihr Traum ist. Sie wird ihre Lektion schon lernen."

Beschämt und ängstlich ging Mitata schließlich davon, und bis sie das Tor erreichte, hörte sie noch das Lachen der Ratten, wie sie sich über ihren Traum lustig machten. Dann huschte sie durch ein kleines Loch im Tor und sah zum ersten mal die Oberfläche:

Die Abendsonne hüllte ganz Ark in warmes, rotes Licht, und die Steine zu ihren Füßchen waren noch warm vom Tag. Ein Wasserfall stürzte neben der Myradenplattform herab, der Duft von gutem Essen lag in der Luft, die Menschen lachten laut und herzlich mit einem Bierkrug in der Hand, doch Mitata verstand von all dem nichts, sie staunte bloß in Anblick dieser Schönheit und freute sich so sehr, dass sie weinen musste. Dann lief sie zu einem Teich, trank etwas sauberes Wasser und wusch sich in einer Pfütze daneben. Gerade, als sie sich wieder abgetrocknet hatte, kam eine andere Maus herbei, betrachtete sie kurz und fragte dann: "Wo kommst du denn her, kleine Maus?". "Aus der Unterstadt, ich bin so eben hier oben angekommen. Es ist so schön hier, wisst ihr, ich kann es kaum fassen, ich ..." Ihr kamen erneut die Tränen, so froh war sie. Die andere Maus fing an zu lachen. "Das ist ja herzerwärmend! Eine kleine Maus aus der Unterstadt kommt tatsächlich hier zu uns nach oben! Dann bin ich mal so frei und heiße dich im Namen aller Arker Bürger willkommen! Vielleicht sollte ich dir aber noch einige Dinge erklären über das Zusammenleben hier, welches doch ein ganz anderes ist als im Dreck dort unten!"

Und so erzählte die Maus der kleinen Mitata vom Pfad und den Göttern, der Bestimmung und Rolle in der Gesellschaft eines jeden und den Verpflichtungen gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit. Schnell hatte Mitata verstanden, was das Leben in einer wohlgeordneten Gesellschaft ausmachte und was es erhielt. Da sie in der Unterstadt viel Erfahrung mit kriminellem Pack aller Art gesammelt hatte und deren hinterhältige Tricks kannte, arbeitete sie von nun an in einer Bäckerei als Wache. Denn immer wieder versuchten unehrenhafte Mäuse, ganz in Missachtung jeglicher Moral, zu stehlen und sich so am hart erarbeiteten Wohlstand anderer zu bereichern. Jeden Tag ging sie ihre Runden und suchte nach versteckten Eingängen und Eindringlingen. Da Mitata gute Arbeit leistete, verschmähten die räuberischen Mäuse die Bäckerei bald, und der Bäcker entlohnte sie angemessen. Auch versprach er, dass so lange sie nur ein pfadestreues Leben führte, sie jederzeit willkommen sei und in der Backstube einen warmen Platz und etwas zu Essen vorfinden würde.

So lebte Mitata nun in Geborgenheit und Zufriedenheit unter den wachsamen Augen Malphas', dessen Statue im Tempelfelsen über das wunderschöne Ark wachte. Was sie jedoch einfach nicht verstehen konnte: Warum kam sonst kaum jemand aus der Unterstadt mit guten Absichten nach oben? Wer guten Herzens war und bereit war, ehrlich und hart zu arbeiten, dem war hier oben doch ein so viel schönes Leben beschieden, als man es in der Unterstadt je haben könnte. Daher betete sie jeden Tag zu Malphas, dass er möglichst vielen aus der Unterstadt einen so schönen Traum wie ihr einst bescheren soll, um auch sie auf den rechten Pfad zu holen. Mit diesem frohen Wunsch im Herzen lebte sie in Ark bis an das Ende ihrer Tage.