Enderal:Interview mit GamersGlobal im Juni 2012

Aus Sureai
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Am 10.Juni 2012, zur Bekanntgabe des offiziellen Projekttitels "Enderal – Die Trümmer der Ordnung", gaben vier Mitglieder von SureAI ein Interview mit GamersGlobal.


GamersGlobal: Wie habt ihr reagiert, als Skyrim im Dezember 2010 erstmals offiziell angekündigt wurde?

Nico: In erster Linie Neugierde, was uns Bethesda Neues bringt! Als ich von dem nordischen Setting Skyrims erfuhr, war ich ein wenig skeptisch, da es mir weniger „phantastisch“ erschien als Cyrodiil, aber vor allem als Morrowind, mit all seinen einzigartigen Kreaturen und Kulturen. Ich hatte ein wenig Angst, dass die Welt von Skyrim mit Wölfen und Drachen den Charme der anderen zwei Welten nicht mehr besitzt.

GamersGlobal: Seid ihr zufrieden mit dem fertigen Skyrim?

Man merkt, dass Skyrim in erster Linie für Konsolen erstellt wurde. SureAI: Unsere Erwartungen sind größtenteils erfüllt worden. Wir hatten uns eine große Spielwelt erhofft, die einen unstillbaren Entdeckerdrang hervorruft und viele Möglichkeiten zur Charaktererstellung bietet – die klassischen The Elder Scrolls-Merkmale also. Etwas enttäuscht haben uns die teils sehr niedrig aufgelösten Texturen und die umständliche Menüführung auf PC – man merkt, dass Skyrim in erster Linie für Konsolen mit ihren Limitierungen erstellt wurde.

GamersGlobal: Was hat euch bei Skyrim besonders gut gefallen, was empfandet ihr als weniger gelungen?

Johannes: Skyrim ist eines der atmosphärischsten Spiele der letzten Zeit, zumindest, wenn man von einigen Schwachpunkten absieht. Gerade, wenn man an Radiant Story (Zufallsquests, Anm. d. Red.), Wegfindung und Texturauflösung denkt. Aber die stimmige Spielwelt gleicht das mehr als aus, Bethesda ist ein weiterer großer Wurf gelungen.

Nico: Besonders zugesagt haben mir die Wucht der Spielwelt und das actionreiche Kampfsystem. Aber obwohl mir manche Quests gefallen haben, konnte ich mich nie wirklich vollkommen in der Welt verlieren. Meiner Meinung nach hätte Bethesda wirklich mehr in Glaubwürdigkeit und Tiefgang der Quests sowie der Charaktere investieren können. Wenn ein betagter Krieger mich als einen Fremden bittet, die Asche seines kürzlich verstorbenen besten Freundes zum Friedhof zu bringen, ist bei mir jegliche Immersion erst mal weg.

Jonas: Skyrim hat mich tatsächlich hinsichtlich einiger Entscheidungen der Entwickler überrascht. Mein größter Kritikpunkt an Oblivion waren die generischen Dungeons und das klassische und damit ein wenig verbrauchte Fantasy-Setting. Dadurch war es zwar damals eine grafische Pracht, allerdings wirkte die Welt selbst blass und nie wirklich lebendig. Das hat sich in Skyrim auf jeden Fall geändert. Vor allem das einzigartigere Dungeon-Design möchte ich hervorheben: Gerade die natürlich wirkenden Höhlen sind so individuell gestaltet, dass es immer wieder eine Freude ist, sie zu erkunden und schon hier die designtechnischen Mittel zu erahnen. Aber auch an sich wirkt Skyrim für mich stimmiger, runder, lebendiger. Grundsätzlich hat mir Skyrim sehr gut gefallen, auch wenn die KI ihren Namen nicht wirklich verdient und auch die Story keinen richtigen Tiefgang bietet.

GamersGlobal: Wurden eure Erwartungen in Bezug auf die Engine von Skyrim erfüllt?

SureAI: Positiv zu erwähnen ist auf jeden Fall die Beleuchtung. Wie schon erwähnt, fallen aber vor allem die teils matschigen Texturen unangenehm auf. Andere technische Neuheiten wie das „Radiant AI“-System sind zwar interessant, aber für unser Projekt leider nicht wirklich von Nutzen.

GamersGlobal: Im April 2011 habt ihr eure neue Modifikation für The Elder Scrolls 5 angekündigt. Konntet ihr das aktuelle Bethesda-Rollenspiel nach seinem Erscheinen überhaupt genießen, oder habt ihr immer ans Technische eurer neuen Mod gedacht?

Johannes: Sowohl als auch. Es ist ein eigenartiges Spielgefühl, wenn man durch die Welt läuft und Dinge sieht, bei denen man sich denkt, „Wow, so können wir das auch machen“. Gleichzeitig habe ich aber auch viele Dinge entdecken können, bei denen mir klar wurde, dass man sie besser lösen kann.

Martin: Ich habe Skyrim sehr genossen, vielleicht sogar noch mehr, weil ich dabei schon das neue Projekt im Hinterkopf hatte. Wenn ich als normaler Spieler ein cooles Feature entdecke, denke ich mir nur: „Hey, das ist toll!“, aber wenn ich als Modder etwas Interessantes sehe, denke ich mir: „Damit kann ich vielleicht etwas noch Besseres bauen!“

Jonas: Selbstverständlich konnte ich Skyrim genießen – allerdings teilweise unter anderen Gesichtspunkten: Als Leveldesigner orientiert man sich schon an dem, was gegeben ist, und versucht sich über die zur Verfügung stehenden Objekte, Effekte und die ganz allgemein neuen Möglichkeiten klar zu werden. So habe ich mir bereits beim ersten Durchspielen überlegt, was man aus dem, was Skyrim bietet, Neues bauen könnte.

GamersGlobal: Wie würdet ihr jemandem, der euch nicht kennt, das neue Projekt Enderal schmackhaft machen?

Nico: Wir versuchen, an die Stärken der Elder-Scrolls-Reihe – also die offene Spielwelt und die enorme Freiheit bei der Charaktergestaltung – anzuknüpfen und in manchen Aspekten sogar zu verbessern. Zweitens wollen wir eine emotionale, komplexe Story und facettenreiche Charaktere erschaffen.

GamersGlobal: Setzt euch der Erfolg von Nehrim unter Erfolgsdruck?

Johannes: Dem Erfolgsdruck sehe ich einigermaßen gelassen entgegen – unser neues Projekt ist ja keine Pionierfahrt, sondern, was Inhalte und Spielprinzip angeht, eine Weiterentwicklung Nehrims. Ich finde, dass wir mit unserem neuen Vorhaben vieles besser machen als in Nehrim, ohne dessen Stärken zu vergessen. Wir geben uns viel Mühe bei der Erstellung der Spielwelt, verkürzen Laufwege und Leerlauf, und die Story ist ganz im Stil Nehrims. Hinzu kommt ein tiefer ausgearbeitetes Skillsystem und mehr Entscheidungsmöglichkeiten während der Handlung. Wer Nehrim mochte, wird auch Enderal – Die Trümmer der Ordnung mögen.

Jonas: Die neu hinzu gestoßenen Modder haben natürlich schon hohe Erwartungen im Team und in der Fangemeinde zu erfüllen, wodurch definitiv so etwas wie Erfolgsdruck entsteht – man arbeitet ja schließlich nicht an einem kleinen Einzelgängerprojekt, das auch scheitern darf. Sondern gemeinsam mit einer Menge kreativer Köpfe an einem Koloss. Das ist natürlich auch sehr motivierend, da man weiß, dass sich die investierte Zeit auch „auszahlen“ wird.

GamersGlobal: Gibt es Dinge, die sich eure Fans fürs neue Projekt besonders wünschen?

Martin: Wir haben vor geraumer Zeit eine Umfrage gestartet. Das Ergebnis war, dass sich die meisten Spieler mehr komplexe Nebenquests, mehr Entscheidungsmöglichkeiten und zudem alternative Enden gewünscht haben.

GamersGlobal: Stichwort Technik: Vor etwa drei Monaten veröffentliche Bethesda mit dem Creation Kit die benötigte Entwicklerumgebung, mit der Modifikationen erstellt werden können. Wie zufrieden seid ihr mit der Software, gerade auch in Hinblick auf die recht enge Steam-Bindung?

Johannes: Die Steam-Bindung hat sowohl positive als auch negative Seiten. Einerseits kann man dadurch von jedem Rechner aus Skyrim und das CK installieren, andererseits schränkt sie Modder schon arg ein. Das Creation Kit selbst ist zwar mächtig, und einige Bereiche wie das Leveldesign gehen sehr flüssig von der Hand. Aber viele Funktionen sind unerklärlicherweise defekt, obwohl sie bei der Entwicklung Skyrims funktioniert haben müssen (Stichworte "LOD", "Navmesh"). Überhaupt merkt man, dass das Creation Kit nicht auf das Erstellen von Komplettkonvertierungen ausgelegt ist. Allein schon das Erstellen einer lauffähigen Master-Datei war eine große Hürde für uns.

GamersGlobal: Dann verratet mal, um was es in Enderal gehen wird.

SureAI: Mit Enderal – Die Trümmer der Ordnung knüpfen wir an die Geschehnisse von Nehrim an, allerdings schlüpft der Spieler in die Rolle eines neuen Avatars. Vorkenntnisse werden für das Spielen nicht zwingend notwendig sein. Nach dem Sturz der Götterordnung hat die Welt Vyn mit politischem und spirituellem Chaos zu kämpfen. Eine neue Bedrohung, deren Ausmaß vollkommen unklar ist, hat sich am Horizont aufgetan. Der Spieler wird auf mysteriöse Art und Weise in die Geschehnisse verwickelt und muss erst mal versuchen, seine Rolle zu verstehen und dann zu handeln. Er muss sich in der zertrümmerten Gesellschaft Enderals zurechtfinden und hinter die zunächst nur nebulöse Bedrohung kommen.

GamersGlobal: Könnt ihr ungefähr die Entwicklungszeit einschätzen?

SureAI: In einigen Bereichen machen wir derzeit viel schnellere Fortschritte als bei der Entwicklung Nehrims. Aber durch die neuen Features, die wir planen, ist eine präzise Einschätzung der Entwicklungszeit sehr schwer. Wir arbeiten hart, aber dennoch zitieren wir lieber 3D Realms: „It’s done when it’s done.“

Die Welt scheint schon weit fortgeschritten zu sein, doch es bleibt noch viel Arbeit zu tun. Erscheinungstermin: unklar. GamersGlobal: Können wir erneut mit bekannten Sprechern rechnen, wie es bei Nehrim der Fall war?

SureAI: Natürlich ist eine ähnlich professionelle Synchronisierung wie bei Nehrim erstrebenswert. Die eine oder andere Zusage haben wir auch schon, aber dennoch können wir nicht dafür garantieren, dass sich genug Sprecher finden lassen, um wirklich alle Dialoge auf diesem hohen Niveau vertonen zu lassen.

GamersGlobal: Bei jedem größeren Projekt gibt es Dinge, die man sehr gerne angeht, aber auch solche, bei denen die Versuchung groß ist, sie vor sich herzuschieben. Und bei Enderal?

Nico: Mir als Storywriter, Komponist und Gamedesigner gefällt die Ideenfindung am meisten. Einfach nur wild jede Idee, die einem in den Kopf schießt, niederzuschreiben und dann zu sehen, wie Stück für Stück ein Gesamtbild entsteht, ist einfach toll. Lästig wird es dann sicherlich beim Finetuning werden – das können scheinbar unlösbare Scriptprobleme sein, exaktes Playtesting und Ausbalancieren der Klassen. Oder das hundertfache Einspielen von Instrumentenspuren.

Johannes: Vieles macht sehr viel Spaß! Egal, ob es darum geht, Features zu scripten, Quests zu implementieren oder die Welt zu bauen – alles ist ein kreativer Prozess. Das Gefühl, das sich einstellt, wenn sich die eigene Welt nach und nach entwickelt und lebendig wird, ist einfach unbeschreiblich. Es gibt aber auch einige sehr nervraubende Dinge. Wie die Gestaltung des Wegfindungsnetzes der KI, das in Skyrim wesentlich aufwändiger geworden ist. Und die Fehler im Creation Kit – insbesondere wenn es um die Generierung der Weitsicht-Map geht – sind wirklich haarig.

Martin: Es ist schön zu sehen, wie die Welt langsam zusammenwächst. Und alles, was auf dem Weg dahin liegt, macht mir Spaß. Insbesondere mag ich die Konzipierung und Umsetzung von neuen Gameplay-Elementen, aber genauso die Realisierung von Quests oder das Leveldesign. Viele kleine technische Schwierigkeiten sind mühselig, und Aufgaben wie das Pathgrid zu erstellen, sind nicht gerade spannend. Aber das Ergebnis unserer Arbeit zu sehen, ist die Mühe wert.

GamersGlobal: Wenn euch die Mittel und die Zeit zur Verfügung stehen würden, würdet ihr auch mal etwas völlig anderes designen wollen?

Nico: Visionen gibt es natürlich viele. Ich persönlich würde sehr gerne mal bei einem Cyberpunk- und Science-Fiction-Rollenspiel in einer abgefahrenen Dystopie mitwirken. Idealerweise mit bombastischer Inszenierung, fesselnder Story und tollen Charakteren à la Mass Effect, einem actionreichen Kampfsystem im Stil von Devil May Cry und einer offenen, düsteren Welt wie Fallout.

Johannes: Ich würde gern das Genre der Weltraumsimulation wieder zum Leben erwecken und es mit Rollenspielelementen kombinieren. Um so ein tiefgehendes Science-Fiction-Universum erschaffen. Die Handlung würde zwangsläufig sehr düster werden und auf einen universellen galaktischen Shoutdown zulaufen, bei dem durch alles, was man tut, am Ende die Konsequenz Weltuntergang und Vernichtung stehen würde, oder aber ein bittersüßer Verrat.

Jonas: Mir schwebt schon seit längerem ein düsteres Science-Fiction-Setting vor, in dem ich den Spieler allein lassen möchte. Der Weltraum selbst kann bedrohlicher wirken als jeder Gegner, den man noch so gruselig oder angemessen einführt; isoliert, alleine und orientierungslos in einer verwahrlosten Raumstation mitten im Nichts, umgeben von der erschlagenden Unendlichkeit des Alls. So könnte man auf subtile Weise Angst erzeugen, ohne wirklich Gebrauch von Monstern, Aliens oder Mutanten zu machen – bis sich Ereignisse häufen, die so in einer verlassenen Station nicht stattfinden dürften. Die Beleuchtung einer Cafeteria könnte plötzlich angehen, obwohl sie nur manuell eingeschaltet werden kann. Oder neue Nachrichten im Kommunikationszentrum könnten bereits als gelesen gekennzeichnet sein. Im Stil von Amnesia stünden dem Spieler keine Waffen zur Verfügung – nur die Flucht.

GamersGlobal: Klingt so, als wäre das aktuelle noch längst nicht euer letztes Projekt. Für die kommenden Monate wünschen wir euch viel Erfolg bei der Arbeit an Enderal!