Enderal:Ordnung

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Ordnung

Bücher Ordnung
Daten
Gewicht Gewicht
1
Wert Wert
24
Autor
Unbekannt
Bemerkungen
Ob dieses Buch fiktiv ist oder eine reale Begebenheit beschreibt, ist nicht bekannt.

Ordnung ist ein Buch in Enderal – Die Trümmer der Ordnung.

Inhaltsverzeichnis


Fundorte


Inhalt


Alles hat seine Ordnung.

Ja, das ist der vielleicht sehnlichste Wunsch der Menschen. Für alles gibt es eine Art und Weise, wie es sein soll, wie es sich gehört, wie es richtig ist. Das Handeln der Menschen wird sorgsam bewacht von den Göttern, und ist der Pfad nicht gar vorherbestimmt? Jegliches Leid ist Strafe für falsches Verhalten, Glück und Wohlstand Malphas' Lob für

gute Taten. All dies ist tiefste Sehnsucht. Doch habe ich erkannt, dass es nicht mehr als das ist.

Bezeichnete ich diese Sehnsucht als "falsch", würde ich mir selbst widersprechen. Denn richtig oder falsch kann eine Sehnsucht nicht sein; nutzlos, unsinnig und irreführend hingegen schon. Denn es ist nun mal so, dass die Welt nicht so ist, wie die Menschen sie sich wünschen. Es hat einfach nicht alles "seine Ordnung". Dies ist eine Tatsache, welche so offensichtlich ist, dass sie nicht erkannt wird.

Es ist eine grundlegende Gesetzmäßigkeit, dass die Dinge dieser Welt komplizierter werden, je näher man hinsieht. Betrachten wir daher etwas Alltägliches: einen Baum. Die meisten werden beim Gedanken an einen Baum eine

Vorstellung im Kopf haben von einem braunen, kräftigen Stamm und einer grünen Blätterkrone darauf. Machen wir uns an dieser Stelle keine Gedanken über die verschiedenen Arten von Bäumen, welche eine ganz andere Erscheinung baben, und lassen wir ebenso unberücksichtigt, dass Anzahl und Farbe der Blätter sich im Laufe des Jahres sehr wohl ändern. Ich frage: Wo liegt bei einem Baum die Grenze zwischen Stamm und Krone ? Man mag sie aus der Ferne ungefähr angeben, doch je näher man berantritt, desto unklarer wird die

Unterscheidung. Das Holz verzweigt sich fortwährend, neigt sich in Form vieler kleiner Äste zu allen Seiten und bringt schließlich ein dichtes Blattwerk hervor, ohne dass man irgendwo diese Grenze ziehen könnte. Dann mag man sich noch fragen: Warum gleicht kein

Baum dem anderen? Warum entspringen die Äste dem Stamm an den unterschiedlichsten Stellen? Warum hat das Holz so vielfältige und unregelmäßige Muster ?

All dies lässt nur den Schluss zu, dass die Gesetzmäßigkeiten, nach denen ein Baum wächst, unvorstellbar kompliziert und chaotisch sein müssen. Und nicht nur bei Bäumen ist dies so, sondern bei allen Pflanzen, Tieren und auch Menschen.

Betrachten wir einen anderen Aspekt dieser "Ordnung". Zwei Menschen streiten sich, . sind wütend und beschuldigen einander des falschen Verhaltens. Wer hat Recht? Man mag dem Streit kurz zuhören und ein schnelles Urteil fällen, doch lehrt uns die Erfahrung nicht, dass schnelle Urteile oft ungerecht sind? Sollten wir nicht vielmehr annehmen, dass beide Ihren Teil zum Streit beigetragen haben? Erneut: Je genauer wir uns diesen Streit anhören, desto mehr Kenntnis wir von den Ansichten der beiden Streitenden haben, desto weniger vermögen wir den einen schuldig und den anderen unschuldig nennen. Wir stellen fest, dass der meiste Streit der Mehrdeutigkeit und Missverständlichkeit der Sprache und der Verschiedenheit der Wahrnehmung entstammt.

Das vormals klare Urteil wird diffus, vielschichtig und uneindeutig, und jeder, der Sich mit dem Streit beschäftigt, wird zu einem etwas anderen Urteil gelangen. Daraus folgt, dass die Gesetzmäßigkeiten, nach denen wir Menschen denken und handeln, unvorstellbar kompliziert und chaotisch sein müssen.

Sollten uns diese Erkenntnisse nun davon abhalten, jemals von Stamm und Krone eines Baumes zu sprechen oder irgendein Verhalten als richtig oder falsch zu beurteilen? Nein, dies wäre absurd und würde uns lähmen und jeden klaren Gedanken verbieten. Wir müssen uns stattdessen bewusst sein, dass die Begriffe, die wir notwendigerweise benutzen, nicht absolut exakt sind, und die Entscheidungen, die wir treffen, niemals absolut richtig sind. Aus ersterem entstammt die irrige Auffassung, die Realität sei nicht komplexer, âls es unsere Worte und Gedanken zulassen, und aus letzterem entstammt die Sehnsucht nach irgendeiner höheren Macht, welche absolute Richtigkeit oder Falschheit festlegen würde.

Ich bin mir sicher, Geistliche würden nun einwenden, dass ich implizit voraussetzen, es gäbe universelle, konstante und mit dem Verstand erfassbare Regeln, welche allem zugrunde liegen. Sie würden mich beschuldigen, die Großartigkeit der Götter in Frage zu stellen, und damit ihre Kraft, diese Welt nach ihrem Belieben ormen zu können. Und in gewisser Weise tue ich genau dies. Ich setze das oben genannte voraus. Falls Ihr dies nicht tut oder nicht tun wollt, könnt Ibr all meine Erklärungen beiseite legen und nicht weiter beachten. Doch bitte, denkt selbst einmal darüber nach.