Nehrim:Irlandas Visionen

Aus Sureai
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Bilder zogen an mir vorüber, ich suchte in meinem Gedächtnis nach Antworten auf die vielen Fragen, eine von ihnen war Arantheal, wer war dieser Mann?
Ich erblickte einen Moment aus längst vergessenen Tagen… Ein Mann, gehüllt in eine schwarze Robe, stand inmitten eines Berges aus Kadavern, die Leichen dutzender Seraphim und Götter bedeckten das Feld, der Mann selbst war hochgewachsen und wirkte gebrechlich. "So endet es nun, Irlanda" Der Mann glitt auf mich zu.
"Wie oft ist es nun schon so geschehen? Wie oft hast du gekämpft und verloren, wurdest wiedergeboren, während wir gesiegt haben? Willst du nicht aufgeben?"
Ich hörte meine Stimme, schwach und leer. "Niemals..."
Die Gestalt nickte, das Bild verschwand in einem Meer aus Flammen.


Ein neues Bild. Irlanda stand am Rand einer Klippe, Regen prasselte in Strömen herab, der Wind rauschte laut über schroffen Fels.
Ein Paladin erblickte sie und ging vor ihr auf die Knie.
„Meiner Göttin zudiensten.“
„Du brauchst dich nicht vor mir zu verneigen, Tealor. Wie geht es dir?“
"Wie geht es dir?" fragte Tealor und strich eine Strähne von Irlandas schwarzem Haar aus der Stirn. "Gut, solange ich bei dir bin geht es mir immer gut. Warum hast du mich rufen lassen?"
Nervös zog die Göttin Luft ein, es war natürlich alles andere als normal, wenn sie ihren treuesten Diener mitten in der Nacht an eine einsame Klippe rufen ließ. Er war immer der Beste in ihren Reihen gewesen, der treuste und weiseste Paladin… Und mehr…
„Ich… Du bekommst einen Erben, Tealor...“
Die grauen Augen des Paladins weiteten sich vor Entsetzen, in diesem Moment verblasste die Erinnerung wieder…


Licht flutete die Konzilhalle. Das Konzil der Sieben war heute vollzählig, viel war in letzter Zeit geschehen. Ein stolzer Paladin kniete in der Mitte der Halle, es war Tealor Arantheal.
Malphas, einer der Götter des Ostens, durchbrach die Stille.
„Man munkelt, Ihr wart in den letzten Jahren sehr erfolgreich im Kampf gegen die Vorherbestimmung, Großmeister Arantheal.“
„Mehr oder weniger“, räusperte sich der Paladin. „Es häufen sich die Vorfälle. Leute werden verrückt, plappern alte Prophezeiungen nach, wirken Magie… Die Vorherbestimmung hat von ihnen Besitz ergriffen. Mein Orden ist stets bemüht, die Lehren der Götter zu verbreiten und die Ketzer, die die Götter scheuen, ausfindig zu machen und zu vernichten.“
„Das freut mich. Aber es stellt mich nicht zufrieden. Diese Geschehnisse müssen eine Ursache haben.“
„Die Vorherbestimmung...“ lachte Tyr trocken "Sie sind von ihr und den negativen Emotionen erfasst, die wir seit Jahrtausenden unterdrücken. Hass, Gier, Neid, Zorn…“
„Wie um alles in der Welt sollten die Menschen von der Vorherbestimmung des Tel Imaltath wissen, Tyr?“ fragte Malphas skeptisch.
„Irgendwo muss sie existieren und gefunden worden sein. Ich kann es mir nur dadurch erklären, dass die reinigende Hand des Schöpfers, als sie die Reinigung das letzte Mal vor Äonen in unserer Welt durchführte und den damaligen Schattengott vernichtete, eine Niederschrift der Vorherbestimmung in unserer Welt platziert hat, damit sie irgendwann wieder gefunden wird.“
„Ihr meint, die Botin hätte eine Niederschrift einfach so übersehen? Das ist unmöglich, Tyr. Dem Auge des Schicksals entgeht nichts, es brennt alles nieder, was dem Tel Imaltath angehört.“
„Das ist völlig korrekt, verehrter Malphas. Aus diesem Grund vermute ich, dass die Botin absichtlich eine Niederschrift hinterlegt hat.“
„Aber warum sollte sie…“
„Das ist doch völlig offensichtlich...“ unterbrach ihn Tyr, sie hatten bereits zu viel gesagt, solche Dinge besprach man nicht in der Anwesenheit eines Sterblichen wie Tealor.
“Tealor, ich will, dass ihr nach Westen segelt, nach Nehrim. Ich vermute, dass sich dort die Vorherbestimmung befindet. Findet sie und vernichtet sie, danach…“
Tyr brach mitten im Satz ab, er hatte etwas gehört, das hier nicht sein sollte. „Wachen!“
Dutzende bewaffnete Seraphim traten ein. Tyr deutete auf eine der Säulen, welche das Kuppeldach trugen. Einer der Weltenhüter durchquerte die Halle und trat hinter die Säule.
Ein Keuchen erklang, der Seraphim zog einen Jungen hervor, der sich offensichtlich hinter der Säule versteckt hatte und lauschte. Der Junge war, wie Irlanda urteilte, noch keine zwölf Jahre alt, aber was verstand eine Göttin schon vom Alter der Sterblichen? Zeit verrann umso schneller, je mehr man davon zur Verfügung hatte…
„Narathzul, was tust du hier?“ keuchte Tealor.
„Ist das Euer Sohn, Tealor?“ sprach Tyr und fing an, den Jungen zu mustern, für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke. Der Oberste aller Götter wäre töricht gewesen, hätte er nicht sofort erkannt, dass dieser Junge kein gewöhnlicher Sterblicher war, er war mehr…
„Ja, natürlich, verzeiht, mein Herr, ich habe nicht gewusst, dass…“
„Nicht der Rede wert,“ unterbrach ihn Tyr „Wachen, lasst ihn draußen warten!“
Der junge Narathzul Arantheal folgte den Seraphim nach draußen, ohne auch nur ein Wort zu verlieren. Als die Tür ins Schloss fiel wandte sich Tyr wieder dem Paladin zu.
"Ihr wart schon immer einer der wenigen sterblichen Diener, die im Laufe ihrer Dienstzeit nicht dazu verleitet wurden, Dummheiten zu begehen, Tealor. Aber wie sieht es da mit Eurem Sohn aus? Er hat soeben Dinge gehört, die nicht für Kinderohren geeignet sind. Nein, eigentlich nicht einmal für die Ohren eines Sterblichen."
„Verzeiht Herr, er ist mein Sohn, er wird nicht auf den Gedanken kommen, Dummheiten zu begehen, ich bürge für ihn.“
„Ich hoffe es. Einerlei, bevor die Vorherbestimmung weiter in die Welt sickert, solltet Ihr aufbrechen. Tealor, findet die Schrift und vernichtet sie, genau wie all die Fanatiker, die ihr Glauben schenken. Lebt wohl.“
Mit einer tiefen Verbeugung verabschiedete sich der Paladin.


Die Realität kehrte zurück. Eiskalter Wind peitschte mir, der einst so stolzen Göttin, entgegen.
Mit Tränen getrübten Augen blickte ich auf die regenverhangene Küste Inodans.
In einem schier endlosen Reigen tanzten Bilder wie Blätter im Wind vor meinen Augen auf. Egal wohin ich sah, so versuchten sie doch meine Aufmerksamkeit zu erlangen und sich meiner zu bemächtigen. Immer enger und enger zog sich der Wirbel der Bilder um mich.
Die Last meiner eigenen Erinnerung schien mich zu erdrücken… Oder genauer gesagt, meiner eigenen Fehler.
Eine Krähe hatte vor einigen Stunden eine Nachricht überbracht. Erst durch den Inhalt dieser Nachricht wurde mir alles klar… Arantheal war mein eigener Sohn. Das Merkwürdige war jedoch, dass der Brief das Siegel der Seraphim trug. Wie in aller Welt war dies möglich? Xarmonar lag in Trümmern und Arkt, der der Stadt gegen ihren Befehl verteidigt hatte und dabei unzählige Unschuldige richtete, war seitdem nicht mehr gesehen worden. Vielleicht stammt die anonyme Nachricht ja von ihm? Egal was Tyr sagt, ich kann nicht die Hände in den Schoß legen und alles weitere einfach so geschehen lassen...