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Enderal|Literatur|Bücher

Mythen und Legenden: Die Aschewitwe

Bücher Mythen und Legenden: Die Aschewitwe
Daten
Gewicht Gewicht
1
Wert Wert
25
Autor
Erzmagister Gawayn Girathû
(8112 n. St.)
Bemerkungen
-

Mythen und Legenden: Die Aschewitwe ist ein Buch in Enderal – Die Trümmer der Ordnung verfasst um 8112 n. St. vom ehemaligen Erzmagister Gawayn Girathû.


Fundorte


Inhalt

Mythen und Legenden, Band 3: Die Aschewitwe

verfasst von Erzmagister Gawayn Girathû, 8112 n. St.

Eine der wohl schaurigsten Legenden Enderals ist die der Aschewitwe.

Die Aschewitwe war einst eine bezaubernde, junge Frau, die einem Erhabenen zur Gefährtin versprochen worden war. Ihr Haar war lang und von einem rötlichen Blond wie das später Herbstblätter, und ihre Augen blau wie die See. Sie war klug und belesen, spielte die Laute, und sie erfreute sich am Hof ihres Familienanwesens größter Beliebtheit, was nicht zuletzt auf ihren heiteren, lebensfrohen Charakter zurückzuführen war. Auch ihr zukünftiger Gefährte, der Sohn eines reichen Grafen, genoss einen edlen Ruf, und als die beiden sich die Gefährtenschaft schworen, sangen die Barden Lieder über die Erhabenheit der beiden Liebenden.

Doch es dauerte nicht lange, da fielen der frisch vermählten Frau Unstimmigkeiten im Charakter ihres Mannes auf - sprach er an den Abendtafeln, zu denen zahlreiche Erhabene erschienen, immer sanftmütig über die niederen Pfades, erzählte er ihr, nach mehreren Flaschen Wein, anderes: Er habe keine Sympathien für die Handwerker, Arbeiter und, schlimmer noch, die Unterstädter übrig.

"Es hat einen Grund, dass Malphas uns mit unserem Pfad gesegnet hat", sagte er. "Unser Blut ist wertvoller." Waren es anfangs noch Aussagen wie diese, die die junge Frau besorgt stimmten, wurden später aus Worten auch Taten: Einen Stallburschen, der sein Pferd falsch aufgesattelt hatte, ließ er beide Beine brechen, und der Dienerin, die Wein auf seinen Rock verschüttete, schlug er die Zähne aus. Als die junge Frau ihren Gemahl darauf ansprach, bedachte dieser sie nur mit einem geringschätzigen Blick und ging davon.

So zogen die Jahre ins Land, und mit jedem Winter wuchs der Kummer der Frau. Mehrmals dachte sie darüber nach, davonzulaufen, aber da sich die Delikte nicht gegen sie selbst wandten und ihr Gefährte an manchen Tagen ein sanftes, ja, gar edelmütiges Gebaren an den Tag legte, traute sie sich nicht, diesen Schritt zu gehen: Wohin hätte sie auch fliehen sollen?

Eines Tages jedoch sollten sich die Lage zum Schlimmeren wenden: Eine junge, halb-aeternische Dienerin war in den Dienst des Schlosses getreten. Sie war kaum sechzehn Winter alt und schüchterner Natur. Der Frau jedoch fielen die Blicke auf, die ihr Gefährte ihr zuwarf - eine Mischung aus Böswilligkeit und Lust, die ihr einen kalten Schauer über den Nacken jagte.

Bald darauf bemerkte die Frau, dass die junge Dienerin ihrem Blick stets auswich und den Kopf gesenkt hielt, als schämte sie sich in ihrer Anwesenheit gewaltig. Zudem stieg ihr Gefährte immer öfter lustlos und abwesend zu ihr ins Bett.

Tag und Nacht malte sie sich aus, was ihr Mann mit dem Mädchen anzustellen vermochte, daher beschloss sie, sich an dem Tag im Kleiderschrank zu verstecken, an dem die Halb-Aeterna das Gemach säubern sollte. Ihrem Gefährten erzählte sie zuvor, dass sie bei den reisenden Händlern vorbeischauen wolle, die wie jeden Vollmond die Gegend rund um das Schloss aufsuchten.

Kaum als die Dienerin die Tür mit zittriger Hand hinter sich zuzog, sauste die Klinke herab. Aus dem Schrank konnte die Frau ihren Gefährten, vor Erregung schnaubend, im Türrahmen erblicken. Das halb-aeternische Mädchen erschrak, blieb regungslos stehen und zeigte keinen Widerstand, als der Mann nach ihr griff - scheinbar hatte sie sich mit ihrem Schicksal längst abgefunden. Nachdem sie grob an die Wand gestoßen wurde und sich dabei den Kopf blutig schlug, geschah jedoch etwas Unerwartetes.

Eine Welle magischer Energie erfasste den Mann - das traumatische Erlebnis musste die Magiebegabung des jungen Mädchens geweckt haben. Magische Bahnen umschlungen die rechte Hand des Mannes und hüllten sie in trübe Dunkelheit. Verdutzt und wütend griff er ihr an die Kehle, und vor Schreck konnte sie den ihr selbst unbekannten Zauber nicht mehr aufrecht halten. Als sich schlagartig der dunkle Schleier löste, war nur noch eine entstellte Klaue statt der Hand des Mannes an seinem Gelenk zu erkennen.

Von dieser wildmagischen Entstellung seines Körpers irritiert, verharrte der Mann einige Sekunden grübelnd, die linke, gesunde Hand immer noch am Hals der Dienerin. Er kam zu dem Entschluss, dass er seinen erhabenen Pfad nicht weiter beschreiten könne, da schon bald jeder wüsste, dass er sich an einem Hexenweib vergriffen hatte - sein bisheriges Leben wäre verwirkt.

So griff er zur brennenden Öllampe auf dem Nachtisch, doch bevor er diese auf die immer noch vor Schreck wie angewurzelt dastehende Dienerin werfen konnte, stürmte seine Gefährtin aus dem Schrank, um ihn aufzuhalten.

Doch es war zu spät - das lodernde Öl ergoss sich über den Fußboden, und binnen wenigen Augenblicke fingen die Kleider der Frau und des jungen Mädchens an zu brennen. Im Augenblick ihres gemeinsamen Todes verschmolzen die wildmagischen Kräfte der Dienerin mit den tiefen Rachegefühlen der betrogenen Gefährtin und wurden zu einem mächtigen und schrecklichen Geisterwesen - der Aschewitwe.

Der Mann hatte sich nach dem Löschen des Feuers auf dem Hinterhof seine entstellte, klauenartige Hand mit einer Holzfälleraxt vom Unterarm abgetrennt. Seiner Familie und den anderen am Hof anwesenden erzählte er, dass die halb-aeternische Dienerin aus Eifersucht seine Gemahlin mit Wildmagie angegriffen und so einen Teil des Zimmers verbrannt habe. Er habe seine Gefährtin retten wollen, wobei er sich jedoch seine Hand so sehr in dem magischen Feuer verbrannte, dass er seine Frau in den Flammen zurücklassen und sich die Reste seiner verkohlten Hand habe abhacken müssen.

Der Grafensohn konnte sein Ansehen wahren, schritt weiter unbescholten auf dem erhabenen Pfad und beerbte schließlich seinen Vater. Doch bis ans Ende seines Lebens fand er keine neue Gefährtin, und in jeder Nacht erschien ihm die Aschewitwe, raubte ihm mit ihren Klagelauten den Schlaf und vergiftete seine Träume, sodass sein Dasein als Schlossherr ein elendes war. Als seine letzte Stunde nahte, wusste er, dass ihm der Einzug in die Ewigen Pfade für lange Zeit nicht vergönnt sein sollte, und reuevoll erwartete er sein neues Leben, das er nach Malphas' Willen als Unterstädter verbringen sollte.


Anmerkung des Autors:

Die Mythen besagen, dass der Geist der Aschewitwe noch heute in den Ruinen des Schlosses lebt, und wer Narr genug ist, die Klaue ihres Mannes zu dem alten Schloss zu tragen, vermag sie zu wecken.

Über den derzeitigen Aufenthaltsort der Klaue kann nur spekuliert werden, doch es heißt, sie sei durchaus beliebt bei Artefakthändlern. Immer wieder bietet einer von ihnen das furchtbare Überbleibsel für gute Groschen an, nachdem er es zuvor billig von einem verzagten und verschämten Abenteurer erhalten hatte, der doch nicht wagemutig genug gewesen war, damit den Geist der Aschewitwe heraufzubeschwören.